Artlenburger Deichverband und NLWKN nehmen Reparaturen ab

Die Beseitigung der Hochwasserschäden von 2013 an der Elbe ist beendet. Der Artlenburger Deichverband und der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) haben jetzt die Reparaturen abgenommen.

„Aufsitzen. Weiter geht’s!“ Heiko Warnecke macht Tempo. Der Leiter des Geschäftsbereiches Planung und Bau wasserwirtschaftlicher Anlagen beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Lüneburg hat es eilig. Viele Stationen haben er und der Tross auf dem Elbdeich an diesem Vormittag auf dem Zettel. Mitarbeiter und Offizielle des Artlenburger Deichverbandes (ADV), des NLWKN, der Baufirma Jeschke aus Wittmund, Projektkoordinator Hendrik Hilmer und Landschaftsplaner Hendrik Lamprecht sind mit Bulli und Geländewagen auf den Deichverteidigungswegen unterwegs, 29 Kilometer zwischen Alt Wendischthun und Artlenburg liegen vor ihnen. Ihre Aufgabe: das Ende der mehr als zweieinhalb Jahre dauernden Beseitigung der Hochwasserschäden vom Juni 2013 durch die offizielle Bauabnahme besiegeln.
 „Alles ist abgearbeitet zwischen Alt Wendischthun und dem Sperrtor des Elbe-Seitenkanals in Artlenburg“, berichtet Warnecke. Er und die anderen stoppen alle paar Kilometer, steigen aus den Fahrzeugen und nehmen die Hochwasserschutzanlagen unter die Lupe. Sie schauen genau hin, begutachten Deichkronen, Entwässerungsrohre, Pflastersteine an den Deichzufahrten, die neuen Betonschichten der Überfahrten, frisch angelegte Böschungen und Bermen an den Deichfüßen. Sie machen sich Notizen und haken Station für Station ab.
Die Deiche wurden baulich verändert und verstärkt. So hat die Baufirma aus Ostfriesland beispielsweise die tiefen Fahrspuren auf der Deichkrone beseitigt, die Einsatzfahrzeuge bei dem Kampf gegen das dramatische Hochwasser vor fast vier Jahren hinterlassen hatten.
„Der Einsatz von schwerem Gerät und Fahrzeugen oben auf dem Deich ist künftig nicht mehr möglich, weil die dafür nötige Breite nicht mehr gegeben ist“, so Deichhauptmann Hartmut Burmester. Daher wurden stattdessen die Deichverteidigungswege an einigen Stellen verbreitert und Überfahrten saniert, mit Beton verstärkt, stabil genug für schweres Gerät.
Hintergrund ist, dass mit der Beseitigung der Furchen gleichzeitig auch Fehlhöhen an den Deichen ausgeglichen wurden. Das konnte statisch aber nur gelingen, indem die Deichkronen schmaler wurden. „Wir haben nun einen Freibord von einem Meter außerhalb und 1,20 Meter innerhalb der Orte. Die Situation ist damit besser als vor 2013“, so ADV-Geschäftsführer Norbert Thiemann. In der Wasserwirtschaft wird von einem Freibord gesprochen. Dieser definiert den Abstand von der Deichkrone zum Bemessungswasserstand, als Sicherheitszuschlag, der nicht überströmt werden soll.
Alleine der nur sieben Kilometer lange Abschnitt zwischen Bleckede und Radegast macht schon die Dimension der Sanierung deutlich. Dort verbaute die Firma aus Wittmund 12 000 Kubikmeter Klei, 7000 Kubikmeter Beton, 6000 Kubikmeter zerkleinerte Ackersteine als Verstärkung für die Deichverteidigungswege und 4500 Kubikmeter Sand.
 „Die Sanierungskosten liegen insgesamt bei etwa vier Millionen Euro“, berichtet Hendrik Hilmer. Das ursprünglich vom Deichverband ermittelte Schadensbild lag jedoch bei 7,5 Millionen Euro, erläutert Verbandsvorsteher Hartmut Burmester. „Doch die zuständige Bewilligungsstelle des Landes hat von uns gewünschte und als wichtig bewertete Vorhaben gestrichen“, sagt er.
So gab es keine finanziellen Mittel für sieben weitere Deichauffahrten für die Deichverteidigung zwischen dem Bleckeder Schloss und Artlenburg, die der ADV im Gegensatz zum Land für unerlässlich hält. „Auch konnten wir nur den Deichverteidigungsplatz in Wendewisch herrichten. Die Sanierung der Plätze in Radegast und Sassendorf sowie ein Neubau in Artlenburg wären für die dezentrale Deichverteidigung ebenso wichtig gewesen, wurden aber nicht genehmigt“, bedauert Burmester. Gleiches trifft auf einen zusätzlichen Deichverteidigungsweg in Barförde und einige  kleinere Stellplätze als Zwischenlager und Umschlagplatz für Sandsäcke zu. „Das alles dient der Prävention, der Vermeidung von Schäden an den Deichen während der Hochwasserbekämpfung“, sagt er. Der ADV hätte dieses Zugeständnis vom Land erwartet.
„800 000 Euro wären zusätzlich fällig geworden.“
Dennoch ist der Deichhauptmann froh, dass die Menschen hinter den Deichen nun trotz abgespeckter Schadensanierung wieder ein Stück weit mehr in Sicherheit vor der Naturgewalt der Elbe leben. „Trotzdem habe ich das Gefühl, dass wir noch lange nicht fertig sind“, sagt er. Denn noch stehen die Anpassungen an neue Gegebenheiten aus. „Es ist in den vergangenen Jahren sehr klar geworden, dass sich das Abflussverhalten der Elbe verändert hat. Das hat höhere Wasserstände bei Hochwasser zur Folge“, sagt er. Doch noch gibt es kein Experten-Ergebnis und keine Abstimmung der Bundesländer, die im Einzugsgebiet der Elbe liegen, über mögliche Maßnahmen wie etwa Deicherhöhungen oder Deichverlegungen. „Da kommt noch einiges auf uns zu“, glaubt Burmester.
Mit der Bauabnahme ist die Schadensbeseitigung zwar erledigt, doch zwei Vorhaben hat der ADV im Nachgang noch vor sich. „Im Frühjahr werden wieder Bänke auf die Deiche gestellt. Über die Standorte sind wir uns mit den betroffenen Kommunen bis auf eine Gemeinde einig geworden“, so der Verbandsvorsteher. Und auch muss alle 100 Meter der Deich neu eingemessen und die Vermessungsergebnisse müssen in die Kartenunterlagen eingearbeitet werden. „Das ist wichtig für die Krisenstäbe bei der Deichverteidigung, um punktgenau Entscheidungen treffen zu können“, erklärt Norbert Thiemann. Doch noch fehlt dem Deichverband das Geld für die Vermessung.